Lukas Bräuer, 97447 Gerolzhofen, Quelle: Mainpost vom 15.05.2008
Politischer Anstand vor 30 Jahren
Zum Leserbrief von Gerhard Barthelme:
Es ehrt den Leserbriefschreiber, dass er Partei für den unterlegenen Kandidaten Wolfgang Mößlein (CSU) um das Amt des 2. Bürgermeisters scheinbar berechtigt ergreift. Gerhard Barthelme, bestimmt vor 30 Jahren schon politisch interessiert, hätte sich bei der Frage nach dem politischen Anstand besser an 1978 erinnert.
Die Ausgangssituation war damals: Franz Stephan (CSU) war 15 Monate vorher in einer Stichwahl gegen Hartmut Bräuer (SPD) zum 1. Bürgermeister gewählt worden. Bei der Stadtratswahl 1978 überflügelte Bräuer mit seinem fulminanten Ergebnis von 4782 Stimmen alle übrigen Bewerber sehr deutlich. Die meisten Bürger unserer Stadt rechneten mit der Wahl von Hartmut Bräuer zum 2. Bürgermeister.
Es sollte anders kommen! Bei dieser Wahl waren CSU, FW, UBV und Bürgerliste Rügshofen im „Verhinderungskampf“ solidarisch vereint.
Von der CSU selbst immer wieder für sich eingefordert, dass der Stadtrat mit den meisten Stimmen auch 2. Bürgermeister werden müsste, galt plötzlich nicht mehr.
Die heutige Frage von Gerhard Barthelme nach dem politischen Anstand kommt unangemessen spät und hätte berechtigter Weise wohl eher vor 30 Jahren gestellt werden müssen.
Ich halte als junger Mensch viel von politischer Moral. Auch dann, wenn sie zum Vorteil anderer Personen ist. Der Leserbrief, ob gewollt oder unbedacht, verzerrt die kommunale Geschichte in unserer Stadt und belastet die Arbeit unseres neuen 2. Bürgermeisters Erich Servatius.
Persönlich glaube ich als stellvertretender Ortsvorsitzender, dass Wolfgang Mößlein – so wie Hartmut Bräuer damals – als Stadtrat mit Fleiß und Freude mitarbeiten wird und bei künftigen Wahlen sich zur Verfügung stellt. Sein Engagement wird von vielen Bürgern geschätzt und dient unserer Stadt.
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Gerhard Barthelme, 97447 Gerolzhofen, Quelle: Mainpost vom 13.05.2008
Eine Frage des politischen Anstands
Zur Wahl des Zweiten Bürgermeisters in Gerolzhofen:
Ein kurzer Rückblick auf die Bürgermeisterwahl vom 24. September 2006: Wolfgang Mößlein erhielt 38,77 Prozent der Stimmen, Irmgard Krammer 32,30 Prozent und Erich Servatius 28,93 Prozent. Wolfgang Mößlein erreicht somit ein Fünftel mehr Stimmen als die zweitplatzierte heutige 1. Bürgermeisterin und immerhin ein gutes Drittel mehr Stimmen als der heutige 2. Bürgermeister.
Das spätere Stichwahlergebnis und sein Zustandekommen mit dünnem Vorsprung für Irmgard Krammer sind hinlänglich bekannt.
Dass sich Wolfgang Mößlein dennoch bereit fand, im Interesse der Stadt auch als 2. Bürgermeister zu kandidieren, ist schon mal nicht selbstverständlich. Doch immerhin hatten ihn ja bei der Stichwahl fast die Hälfte der Wähler als Bürgermeister gewollt und gewählt. Zudem hatte er mit Abstand die meisten Stimmen bei der jüngsten Wahl zum Stadtrat erhalten. Was sich am 8. Mai jedoch bei der Wahl zum Zweiten Bürgermeister abspielte, ist nicht begreifbar. Kritik daran hat nichts mit der Person des neuen Zweiten Bürgermeisters zu tun und auch nichts mit der Werkzeugwahl oder der Nutzung rechnerischer Abstimmungsmöglichkeiten. Sie hat jenseits von Fraktionen, Parteien und politischen Überzeugungen etwas zu tun mit fehlendem politischen Anstand und einer Missachtung der Wähler.